Ursina Caflisch
Ursina Caflisch, von 1980 bis 2014 Organistin am Neumünster Zürich
rettete Zürichs Alte Tonhalle-Orgel und initiierte deren Einbau in der Kirche Neumünster Zürich.
Ausbildung/Berufliches
Die Bündner Organistin Ursina Caflisch, geboren 1951 in Chur, absolvierte ihr Musikstudium an der Musikakademie Zürich und schloss diese Studien im Jahr 1975 als Schülerin des damaligen Grossmünsterorganisten Hans Vollenweider mit dem Lehrdiplom für Orgel ab. Es folgte Orgelunterricht beim deutschen Organisten Werner Jacob.
Ihr Interesse an authentischer Aufführungspraxis und historischen Orgeln führte Ursina Caflisch in der Folge nach Holland. Dort studierte sie als Schülerin von Piet Kee von 1976 – 1979 am Sweelinck-Konservatorium Amsterdam.
Der holländische Organist Piet Kee, international bekannt als Konzertorganist und damals Organist an den legendären holländischen Orgeln in den Kirchen St. Bavo in Haarlem und St. Laurens in Alkmaar, pflegte und unterrichtete ein äusserst anspruchsvolles Orgelspiel, das sich durch differenzierte Anschlagskultur verbunden mit tiefempfundener musikalischer Gestaltungskraft auszeichnete. 1979 schloss Ursina Caflisch ihre Studien in Amsterdam mit dem Solistendiplom für Orgel ab. Der sublimen Orgelkunst des von ihr hochverehrten Lehrers Piet Kee blieb sie ein Leben lang sowohl als Konzertorganistin wie auch als Orgeldozentin verpflichtet.
Seit 2012 studiert Ursina Caflisch Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Zürich.
Orgelkonzerte in der Kirche Neumünster Zürich 1980 - 1993
Im November 1979 wurde Ursina Caflisch als Organistin an die Zürcher Kirche Neumünster gewählt. Sie trat ihre Stelle Anfangs April 1980 an und gründete noch im gleichen Jahr den ersten Orgelkonzert-Zyklus im Neumünster, der bis 1993 jährlich stattfand. In dieser Zeit konzertierten international bekannte Organisten wie z.B. Daniel Roth, Ben van Oosten, Peter Planyavsky, Ludger Lohmann, Jos van der Kooy, Jan Jongepier und renommierte Schweizer Organisten wie z.B. Lionel Rogg, Christoph Wartenweiler, Heinz Balli, Monika Henking, Verena Lutz und André Manz neben vielen anderen im Neumünster.
Die Alte Tonhalle-Orgel im Neumünster
Von der Idee 1986 bis zur Einweihung 1995
Als im Juli 1986 Zürichs Alte Tonhalle-Orgel im grossen Saal der Tonhalle Zürich abgebaut wurde, was trotz intensiver Bemühungen von Musikern und Fachleuten um den Erhalt der bestehenden Orgel für Zürichs Tonhalle geschah, regte Ursina Caflisch an, das Instrument in der Kirche Neumünster wieder aufzubauen.
Die Verwirklichung dieses Projektes erwies sich als äusserst schwierig, da sich in verschiedenen Gruppierungen hartnäckige Gegner zusammengefunden hatten.
In dem nun folgenden jahrelang dauernden Ringen um das Gelingen des Projekts zeigte sich die sensible Künstlerin Ursina Caflisch als zähe Kämpferin, die sich mit enormem Einsatz und grösster Energie für den Wiederaufbau der Alten Tonhalle-Orgel einsetzte. Es gelang ihr, Helfer und Freunde zu gewinnen. Nachdem das Projekt Ende 1989 wegen einem verweigerten Beitrag der Stadt Zürich von Fr. 250‘000 zum Stillstand gekommen war, organisierte sie im Sommer 1990 unter der Mitwirkung des Vereins der Musikfreunde Neumünster eine grossangelegte Sammlung zur Rettung der Alten Tonhalle-Orgel. Dank Spenden von zahlreichen Musik- und Orgelfreunden aus Zürich und der ganzen Schweiz kam ein Betrag von rund Fr. 140‘000 zusammen. Die Kirchgemeinde Neumünster nahm das Projekt wieder auf, und im Herbst 1991 stimmte die Kirchgemeindeversammlung dem Einbau der Alten Tonhalle-Orgel ins Neumünster zu.
Im Januar 1992 konnte der Vertrag zur Restaurierung des Instruments mit der Orgelbaufirma Kuhn, Männedorf unterzeichnet werden, und im Januar 1995 weihte Ursina Caflisch die Orgel mit zwei Konzerten mit Werken von Wagner, Liszt, Saint-Saëns, Widor und J.S. Bach ein. Das Interesse der Musik- und Orgelfreunde war gross; die Kirche Neumünster war bei beiden Konzerte bis auf den letzten Platz besetzt; Presse, Radio und TV nahmen regen Anteil.
„Konzerte mit der Alten Tonhalle-Orgel im Neumünster Zürich“ 1995 bis 2007
In den folgenden Jahren organisierte Ursina Caflisch unter dem Titel „Konzerte mit der Alten Tonhalle-Orgel im Neumünster Zürich“ Orgelkonzert-Zyklen und Musikwochen, an denen die Orgel solistisch und mit Chören, Solisten und Instrumentalisten erklang. Massgebende, international bekannte Organisten wie z.B. Louis Robilliard, Roman Summereder, Luigi Ferdinando Tagliavini, Jon Laukvik, Wolfgang Zerer, Gerhard Gnann, Kurt Lueders, Paolo Crivellaro und wichtige Schweizer Organisten konzertierten auf der Alten Tonhalle-Orgel. Ursina Caflisch selbst faszinierte ihre Zuhörer anlässlich ihrer Konzerte stets mit ihrem feinsinnigen, hochdifferenzierten und lebendigen Spiel und mit ihrer überragenden Musikalität.
Die Alte Tonhalle-Orgel zeichnet sich durch vielfältige Schattierungen der leisen Stimmen und durch ein farbig-kräftiges, rund klingendes volles Werk aus. Eine ausführliche wissenschaftlich-historische Darstellung über die wechselvolle Geschichte der Alten Tonhalle-Orgel im Kontext der Zürcher Kulturgeschichte mit zahlreichen Abbildungen, Dispositionen, Dokumenten und Konzertprogrammen ist in Vorbereitung.
Orgelzyklus mit der Alten Tonhalle-Orgel 2008 bis 2014
Im Jahr 2008 beendete der Verein der Musikfreunde Neumünster, der die Konzerte mit der Alten Tonhalle-Orgel im Neumünster von 1995 bis 2007 massgeblich finanziert und organisiert hatte, seine Tätigkeit als Sponsor, um in Zukunft lediglich ausgewählte Projekte mit der Alten Tonhalle-Orgel zu unterstützen.
Die Orgelkonzerte im Neumünster wurden in der Folge unter der künstlerischen Leitung von Ursina Caflisch von der Kirchgemeinde Neumünster durchgeführt.