Ursina Caflisch, Organistin, Zürich

Ursina Caflisch ist eine Zürcher Organistin mit bündnerischen Wurzeln. Sie spielt Orgelkonzerte im In- und Ausland. Ihr Repertoire umfasst hauptsächlich Orgelwerke von Johann Sebastian Bach und Orgelkompositionen des 19. Jahrhunderts. Besonderes Interesse hat sie am geistig-religiösen Hintergrund von Bachs Orgelschaffen; ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die stilgerechte Wiedergabe von Orgelwerken, bevorzugt auf historischen Orgeln.

Ursina Caflisch wurde 1979 zur Organistin an die klassizistische Kirche Neumünster Zürich gewählt. Inspiriert vom stilvollen Kirchenraum mit seiner vorzüglichen Akustik gründete sie dort einen jährlich stattfindenden Orgelkonzert-Zyklus, in dessen Rahmen renommierte Organisten und Organistinnen aus der Schweiz und ganz Europa konzertierten.

Als Zürichs Alte Tonhalle-Orgel 1986 - trotz intensiven Bemühungen von Musikern und Fachexperten um den Erhalt der Orgel für den grossen Tonhalle-Saal - einer neuen Orgel weichen musste und im Keller einer städtischen Liegenschaft eingelagert wurde, schlug Ursina Caflisch vor, das Instrument im Neumünster wieder aufzubauen. Die traditionsreiche Zürcher Orgel - erbaut 1872 von Johann Nepomuk Kuhn für die alte Tonhalle auf dem heutigen Sechseläutenplatz, 1895 in die neue Tonhalle am See transferiert, dort 1927 und 1939 vergrössert – würde sich, so ihre These, ausgezeichnet in die gediegene Saal-Architektur des Kircheninnenraumes Neumünster einfügen.

Die Verwirklichung der Idee erwies sich als schwierig. Verschiedene Interessengruppen gefährdeten das Unternehmen ernsthaft, und Ende 1989 kam das Projekt wegen eines verweigerten Beitrages der Stadt Zürich von Fr. 250'000 völlig zum Erliegen. Erst eine grossangelegte Spendensammlung des privaten Vereins der Musikfreunde Neumünster im September 1990 vermochte das Unterfangen wieder zu beleben. Aus praktischen und finanziellen Gründen musste die Registerzahl des Instruments von 76 auf 52 Register verringert werden. Schliesslich, im Herbst 1991 stimmte die Kirchgemeindeversammlung Neumünster dem Einbau der Alten Tonhalle-Orgel in ihre Kirche zu.

1992 bis 1994 restaurierte die Firma Orgelbau Kuhn AG in Männedorf das Instrument; dabei wurden alle noch erhaltenen Register von 1872 und 1895, die wichtigsten Register von 1927 und wenige Register von 1939 wiederverwendet. Am 21. und 28. Januar 1995 weihte Ursina Caflisch die Alte Tonhalle-Orgel im Neumünster mit Werken von Richard Wagner (Transkription), Franz Liszt, Camille Saint-Saëns, Charles-Marie Widor und Johann Sebastian Bach ein.

In den folgenden Jahren organisierte Ursina Caflisch - unterstützt vom Verein der Musikfreunde Neumünster - Orgelkonzert-Zyklen und Musikwochen, an denen die Alte Tonhalle-Orgel solistisch und zusammen mit Instrumentalisten und Instrumentalistinnen, Chören und Orchestern erklang. In dieser Zeit gastierten zahlreiche massgebende Organisten und Organistinnen aus dem In- und Ausland im Neumünster.

Im Januar 2025 konnte in der Kirche Neumünster – initiiert und organisiert vom amtierenden Organisten Martin Rabensteiner - das Festival «30 Jahre Alte Tonhalle-Orgel» durchgeführt werden. Alle ehemaligen und aktuellen Organisten der Tonhalle-Orgel gaben je ein Orgel-Rezital. Unter dem Titel Wiedersehn konzertierte Ursina Caflisch dabei erstmals nach zehn Jahren wieder auf der Alten Tonhalle-Orgel.

Ursina Caflisch, geboren 1951 in Chur/GR, studierte von 1971 bis 1975 Orgel an der Musikakademie Zürich (heute Zürcher Hochschule der Künste/ZHdK) beim damaligen Grossmünsterorganisten Hans Vollenweider; Abschluss mit Lehrdiplom. Gleichzeitig belegte sie Kurse bei Luigi Ferdinando Tagliavini, Marie-Claire Alain und Anton Heiller an der Sommerakademie für Organisten in Haarlem/NL; 1974 bis 1975 erhielt sie zusätzlich Unterricht beim deutschen Organisten und Komponisten Werner Jacob. Ihr Interesse an historischer Aufführungspraxis führte sie nach Holland, wo sie 1976 bis 1979 am Sweelinck-Conservatorium Amsterdam (heute Conservatorium van Amsterdam) studierte; ihr Lehrer war Piet Kee, Organist an der Müller-Orgel in der Haarlemer Grossen Kirche St. Bavo und an der Van Hagebeer-Schnitger-Orgel in der Grossen Kirche St. Laurens in Alkmaar. Mit dem Solistendiplom für Orgel schloss Ursina Caflisch ihre Studien in den Niederlanden ab.

Ursina Caflisch unterrichtete das Fach Orgel an der Musikschule Konservatorium Zürich (MKZ) und an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Für Tonträger spielte sie Werke von Johann Sebastian Bach und Kompositionen der deutschen und französischen Romantik ein.

Nach ihrer Pensionierung studierte Ursina Caflisch an der Universität Zürich Musikwissenschaft und Kunstgeschichte und schloss beide Fächer mit dem Bachelor of Arts ab.

Kontakt:
ursina.caflisch@bluewin.ch
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